Lotta hat sich für den Himmel entschieden

Montag, 3. Februar 2020. Noch auf dem Weg vom Krankenhaus nach Hause, schreibe ich eine SMS an einen Freund, der im Beerdigungsinstitut arbeitet. „Hallo Oskar*, Lotti ist heute Nachmittag gestorben. Wir sind gerade auf dem Weg nach Hause. Kannst du uns sagen, was wir jetzt genau machen müssen?“ Seinen Anruf verpasse ich. Er schreibt, dass er sich um alles kümmere und wir jederzeit telefonieren können. Der Große ist bei meinen Eltern. Dort holen wir ihn ab. Sobald wir in der Tür stehen, wissen alle Bescheid. Der Große fragt nach Lotta. Wir erklären ihm, dass sie sich für den Himmel entschieden hat und nun bei Uroma ist. „Ok“, sagt er und zeigt uns stolz seine gebauten Lego-Fahrzeuge. Die Freude darüber, dass ich wieder da bin ist erstmal größer als alles andere. 

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647 Tage

Es gibt viel, was in den letzten Wochen passiert ist, worüber ich schreiben möchte. Aber bevor ich das tue, möchte ich mich für die unglaublich große Anteilnahme, die lieben Worte, Gedanken, Umarmungen und Unterstützung in jeglicher Form bedanken. Wir sind ganz überwältigt. Viele Menschen haben auch Lottas Trauerfeier besucht. Es war ein aufregender, trauriger, aber trotzdem schöner Tag für uns. Wir haben die Kirche sehr schnell verlassen, sodass wir nur vereinzelt Leute wahrnehmen konnten. Umso mehr freuen wir uns jetzt im Nachhinein immer wieder zu hören „Ich war da!“. Lotta wurde sehr geliebt und das macht uns glücklich und stolz.

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Die letzten Wochen – Teil 5

Ein letztes Mal kuscheln

Montagmorgen wird der Tubus einen halben Zentimeter rausgezogen. Das MRT ist für neun Uhr geplant. Ein Pfleger und ich versorgen Lotta. Waschen, Windel wechseln, Medikamente sondieren. Lotta wird in Handtücher eingewickelt, damit sie sich im MRT nicht bewegen kann… falls sie sich bewegt. Der Oberarzt kommt und verkündet, dass die Isolation aufgehoben ist und wir uns ab sofort frei bewegen können. Er bringt eine Beatmungsmaschine mit, die mit zum MRT geschoben werden kann. Lotta wird daran angeschlossen. Weitere Vorbereitungen werden getroffen, dann begleiten der Pfleger, eine weitere Schwester und der Oberarzt Lotti zum MRT. Juli und ich gehen in der Zeit Kaffee trinken. Gegen zehn Uhr ist Lotta zurück. Der Oberarzt informiert uns, dass wir vermutlich am frühen Nachmittag einen Befund haben. 

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Die letzten Wochen – Teil 4

Montag – Mittlerweile sind wir seit zwei Wochen im Krankenhaus. Lottas Leberwerte sind erhöht uns sie sieht aus wie ein kleiner gelber Minion. Die kreislaufstabilisierenden Medikamente werden reduziert. Das Röntgenbild der Lunge zeigt immer noch Schatten. Die Antibiotika wurden von sechs verschiedenen auf drei verschiedene reduziert. Es war keine ZVK-Sepsis. Woher die erhöhten Entzündungswerte kommen, ist weiter unklar. Die Beatmung ist stabil. Die Medikamente zur Sedierung werden zur Nacht halbiert und morgen früh komplett ausgeschaltet. Lotta soll wacher werden, um zu sehen, ob sie selbstständig atmet. 

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Die letzten Wochen – Teil 3

Zwei besondere Gespräche

Freitag – Die Zeit vergeht schnell und der Tag des Gesprächs ist gekommen. Um neun Uhr sitzen wir im Büro des Chefarztes. Das Gespräch dauert zwei Stunden. Nicht, weil wir uns nicht einig sind. Er ist sehr einfühlsam und erklärt uns vieles. Ich dachte es wird emotional, aber das ist es gar nicht. Wir entscheiden, dass Lottas Leben nicht künstlich verlängert werden soll, nur weil wir nicht loslassen wollen. Sie soll nicht durch Maschinen am Leben gehalten werden, wenn klar ist, dass Lotta nie wieder Lotta sein wird. Große Operationen, z. B. am Darm, schließen wir ebenfalls aus. Ehrlich gesagt glaube ich auch nicht, dass Lotta eine solche Operation derzeit überleben würde. Kleinere Eingriffe, z. B. um eine Drainage zu legen, aufgrund eines Pneumo-Thorax, sind in Ordnung.

Alle Entscheidungen, die wir heute treffen, können wir jederzeit wieder ändern. Wir hoffen natürlich weiterhin, dass sie es schafft. Trotzdem ist es sehr erleichternd darüber gesprochen zu haben. Es geht nicht nur um die aktuelle Situation, sondern auch wie wir zukünftig damit umgehen wollen. Der Chefarzt wird unsere Kinderärztin informieren und wir werden Kontakt aufnehmen zu einem Kinderpalliativ-Team. So sind wir für den Fall der Fälle gut aufgestellt. Im nächsten Schritt müssen wir aber mit dem Großen sprechen.

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Die letzten Wochen – Teil 2

Die Zeit auf der Intensivstation

Juli ist ab dann jeden Tag bis Abends da. Der Große wird von Omas, Opas, Tanten und Onkels verwöhnt. Er kennt das. Ab und zu sind Lotta und ich im Krankenhaus und für ein paar Tage nicht da. Für ihn ist es ein bisschen wie Ferien. Und trotzdem bin ich sehr stolz wie er das macht.

Sobald ich die Augen schließe, sehe ich wie Lotta reanimiert wird. Lottas Lunge wird mindestens einmal täglich geröntgt. In der Nacht von Samstag auf Sonntag bricht ihr Kreislauf von jetzt auf gleich erneut zusammen und die Lunge verkrampft sich. Es geht keine Luft mehr rein. Wieder stehen zwei Ärzte und zwei Schwestern im Raum. Der Chefarzt wird gerufen. Lotta wird mit verschiedenen Medikamenten reanimiert. Weitere Schwestern stehen vor der Tür, um Dinge die benötigt werden, schnell zu holen.

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Die letzten Wochen – Teil 1

Es ist Sonntag, der 12. Januar 2020. Unser Großer und Lotta sind krank. Beide haben sehr hohes Fieber.

Die Angst um Lotta ist groß, sobald ich die Zahl 40 auf dem Fieberthermometer sehe. Ich nehme sie in den Arm und tanze langsam durchs Wohnzimmer. Wir geben alle paar Stunden fiebersenkende Mittel. Lotta mag nichts mehr trinken und essen.

Montagmittag bringen wir beide Kinder zur Kinderärztin. Sie vermutet, dass der Große Influenza hat. Lotta bekommt Blut abgenommen. Ihre Entzündungswerte sind hoch. Wir entscheiden mit Lotta ins Krankenhaus zu gehen. Die Station ist sehr voll. Da aber die Kinderärztin vorher angerufen hat, bekommen wir ein Zimmer. Zwei liebe und bekannte Schwestern empfangen uns herzlich mit offenen Armen. Damit Lotta sich nicht irgendwo ansteckt, bekommen wir ein Einzelzimmer. Sie erhält Infusionen, da sie bereits ausgetrocknet ist.

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Lottas letzte Party

Es ist der 3. Februar 2020, ca. 18:00 Uhr – Wir verlassen das Krankenhaus, ohne unser Lottakind. Wir mussten sie heute Nachmittag gehen lassen. Bevor sie in unserem Arm eingeschlafen ist, haben wir viel gekuschelt. 

Unsere kleine Lotta sitzt mittlerweile sicher mit ihrer Uroma Christel auf einer gemütlichen Wolke, isst Popcorn, trinkt Birnensaft und freut sich, dass es ihr so gut geht. In den letzten Stunden haben wir ihre letzte große Party geplant. 

Lottas Trauerfeier findet am 13. Februar um 11 Uhr in der Liebfrauen-Kirche in Hilgen statt. In der Kirche, in der wir geheiratet haben, in der Kirche in der Henri und auch Lotta getauft wurden. Viele liebe Menschen haben Lotta tief ins Herz geschlossen und sollen die Möglichkeit haben, sich von ihr zu verabschieden. Daher ist der Trauergottesdienst öffentlich. Im Anschluss wird Lotta im Kreise ihrer Familie beigesetzt. 

Ob schwarz, grün, rot, gelb oder blau, gestreift oder gepunktet – Wir bitten euch in Kleidung zu kommen, in der ihr euch wohlfühlt. 


Anstelle von Kränzen oder Blumen, freuen wir uns über eine Spende an den Verein: Walking with Giants Germany e. V.
IBAN: DE32 5105 0015 0535 3954 61 
Stichwort: „Lotta“

Unsere kleine Piratin

Erst wenn etwas nicht stimmt, merken wir, wie selbstverständlich vieles für uns ist. Wir sehen geschmückte Fenster und Lichterketten in den Bäumen, wir fühlen den kalten Winterwind und hören das Knistern im Kamin. Wir riechen den Duft von gebackenen Plätzchen.

Ich war erleichtert, als Lotta einige Tage nach ihrer Geburt Besuch von der Augenärztin bekam und uns gesagt wurde „Lotta kann sehen, organisch ist alles in Ordnung“. Das gleiche galt für den Hörtest kurz vor ihrer Entlassung. Dass sie diese Fähigkeiten vielleicht irgendwann wieder verlieren könnte, daran habe ich nicht gedacht. Als Lotta im November an der Enzephalitis erkrankte, schaute sie über Stunden, nein, über Tage nur noch nach oben rechts. Juli und ich witzelten während Lotta auf der Intensivstation lag, dass wir bald eine kleine Piratin zuhause haben. Wir waren uns sicher, dass das rechte Auge durch die Krankheit zu großen Schaden genommen hat. Aber schon in den Wochen danach merkten wir, dass es immer besser wurde. Lotta schaffte es beide Augen wieder mittig zu halten und zu fixieren.

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