Verlieren und Gewinnen

Einen geliebten Menschen zu verlieren, bedeutet einen Teil von sich selbst zu verlieren. Auch wenn du weißt, dass es passieren wird, ist es etwas ganz anderes, wenn es tatsächlich so weit ist. Aussagen wie „Ihr wusstet doch das es passiert.“ oder „Ihr geht es jetzt besser.“ sind vollkommen richtig, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass der geliebte Mensch tot ist und man ihn nicht mehr in die Arme schließen kann. 

Ich habe vor vielen Monaten mal einen Beitrag zu guten und schlechten Tagen geschrieben. Es ging darum wie schön die guten, fast normalen Tage mit Lotta sind und wie sehr ich sie genieße. Aber es ging auch um die schlechten Tage, die jeder von uns hat. Tage an denen wir negative Dinge, die geschehen sind oder geschehen werden, nicht verdrängen können. Und es ging darum wie dankbar wir wiederum für die guten Tage sein müssen. Mein Fazit war, dass schlechte Tage damit auch ein bisschen gute Tage sind.

Ähnlich ist es jetzt. Es gibt gute und schlechte Tage. Lotta ist tot. Ich werde ihr nie wieder über ihren kleinen Kopf streicheln können, sie nie wieder kuscheln oder küssen können. Manchmal habe ich das Gefühl zu vergessen wie es ist Lotta im Arm zu halten. Ich habe Angst zu vergessen. Erinnerungen werden irgendwann verblassen. Das ist ganz normal und trotzdem macht es mir Angst. Das sind meine schlechten Tage. 

Aber dann gibt es die guten Tage, an denen ich oder wir merken, wie viel wir gewonnen haben. Lotta hat uns gelehrt den Moment zu genießen, dankbar zu sein für das was wir haben und aus allem was passiert das Beste rauszuziehen.

Es gibt einen Spruch aus Skandinavien den ich total schön und passend finde „Betrachte immer die helle Seite der Dinge. Und wenn sie keine haben? Dann reibe die dunkle bis sie glänzt!“ (Autor unbekannt)

Genau das ist es, was wir als Familie tun. Wir reiben die dunkle Seite und freuen uns über die Dinge, die Lotta bewirkt hat. Aber auch über das, was seit Lottas Tod wieder für jeden Einzelnen von uns möglich ist. Es ist seltsam, aber schön, plötzlich Zeit für ganz einfache Dinge wie Fernsehen auf dem Sofa zu haben. Wir sind wieder viel flexibler, können spontan Ausflüge machen oder Besuch empfangen, auch mit einer Rotznase (mal abgesehen von der aktuellen Situation um Corona). Wir haben nicht mehr jede Woche drei bis vier Therapietermine, mehrere Arzttermine im Monat, müssen kein extra Essen kochen und nicht mehr darauf achten, dass genügend Medikamente im Schrank stehen. Es ist erleichternd.

Könnte ich es ändern und Lotta mit noch mehr Terminen und Verpflichtungen wieder bekommen, würde ich keinen Moment zögern. Aber das geht nicht und so konzentrieren wir uns darauf, was wir (wieder) gewonnen haben. Freiheit, Zeit, Flexibilität und die Gewissheit, dass wir alles hinbekommen, egal was passiert. Nicht zuletzt, weil unsere kleine Pusteblume von oben auf uns aufpasst.

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