Eine andere Welt

Ich bin Mama von zwei wundervollen Kindern. 

Der Große ist vier und ein lustiges, neugieriges, selbstbewusstes und bewegungsliebendes Kind. Er ist gesund und das was man altersentsprechend entwickelt nennt, keine Auffälligkeiten. Wie alle Kinder, ist er ab und zu mal krank mit Erkältungen, Mittelohrentzündungen oder Atemwegsinfekten. Regelmäßige Termine oder Arztbesuche beschränken sich auf Kinderturnen und U-Untersuchungen. Unsere größte Herausforderung mit dem Großen ist, wer die Tür öffnen darf, wenn es klingelt. Welch wunderbare Welt, die Welt der gesunden Kinder.

Und dann gibt es Lotta. Lotta ist ein Jahr alt. Sie ist, wie ihr Bruder, ein fröhliches Kind. Sie ist interessiert, willensstark und entspannt und – sie ist behindert. Lotta wurde mit dem seltenen Gendefekt Mikrozephaler osteodysplastischer primordialer Kleinwuchs Typ 1 geboren, kurz MOPD1. Mit diesem Gendefekt gehen unter anderem verschiedene Hirnanomalien, wie ein fehlender Hirnbalken, eine Immunschwäche, ein extremer Kleinwuchs und eine geringere Lebenserwartung einher. Lotta ist global entwicklungsverzögert, was bedeutet dass sie in allen Bereichen nicht altersentsprechend entwickelt ist. Ein- bis zweimal pro Woche besuchen wir die Kinderärztin. Wir haben Termine in Unikliniken, Krankenhäusern und im Sozialpädiatrischen Zentrum. Statt Spielplatzdates oder Turngruppen, bekommen wir Besuch von der Frühförderung, der Physiotherapie und Sehfrühförderung oder besuchen die Logopädin. Willkommen in der Welt eines kranken und behinderten Kindes. 

Vor einiger Zeit durfte ich einen schönen Abend mit einigen wundervollen Erst-Mamas verbringen. Ich musste zwischendurch schmunzeln, wenn beispielsweise Schlafgewohnheiten angesprochen wurden oder erleichtert davon berichtet wurde, dass man nur alle drei Monate zum Kinderarzt müsse. Ja, das ist die Welt der gesunden Kinder.  Vor vier Jahren gab es bei uns auch nur das Problem wie gelingt es uns, dass Henri abends leichter einschläft. Ich kenne diese Welt und ich weiß, auch diese Welt ist nicht nur Friede – Freude – Eierkuchen, sondern oft sehr anstrengend. Und doch wünschte ich manchmal, dass es so auch in unserer Lotta-Welt ist.

Eltern zu sein ist immer eine Herausforderung. Manchmal findet man gute Lösungen, manchmal braucht man kleine Tipps von anderen. Und manchmal ist die Herausforderung gar nicht mal in der Erziehung oder dem Verhalten des Kindes und der Eltern begründet, sondern in der Gesellschaft, den Gesetzen und Richtlinien.

Ich denke da vor allem an das Thema Betreuung, welches uns seit einigen Wochen beschäftigt.

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